Persönliches Budget beantragen: So holt Ihr Euch die Unterstützung, die Ihr braucht
Mit dem Persönlichen Budget könnt Ihr anstelle der Euch zustehenden Sachleistungen selbst entscheiden, wie Ihr Pflege und Assistenz organisiert und bezahlt – ganz nach Euren Bedürfnissen. Da es jedoch aktiv beantragt werden muss, heißt es oft erst einmal stundenlang recherchieren: Wo stellt man den Antrag? Was braucht man dafür? Und wie geht man vor, wenn man eine Absage erhält?
Damit Ihr Euch wertvolle Zeit spart und diesen Weg nicht alleine gehen müsst, geben wir Euch in diesem Ratgeber einen detaillierten Überblick, wie Ihr das Persönliche Budget beantragen könnt und informieren über die verschiedenen Anlaufstellen und Träger.
Inhaltsverzeichnis
Zuständige Träger: Wo kann man das Persönliche Budget beantragen?
In jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt haben die Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) gemeinsame Servicestellen eingerichtet, bei denen Ihr einen Antrag stellen könnt.
Weitere Stellen, bei denen Ihr das Persönliche Budget beantragen könnt sind zudem
- gesetzliche Kranken- und Pflegekassen,
- Rentenversicherungs- sowie Unfallversicherungsträger,
- Jugendämter,
- Träger der Eingliederungshilfe,
- Sozialhilfeträger,
- Integrationsämter/Inklusionsämter,
die Bundesagentur für Arbeit, - Träger der Alterssicherung der Landwirte sowie
- Träger der Kriegsopferversorgung/-fürsorge.
Welcher Kostenträger für das Persönliche Budget am Ende zuständig ist, wird dabei in der sogenannten Zuständigkeit
sklärung festgelegt.
Beispiele, wie das Persönliche Budget in der Praxis eingesetzt werden kann, findet Ihr in unserem Artikel „Persönliches Budget: Einsatzbeispiele von Menschen in verschiedenen Lebenssituationen”.
Persönliches Budget in NRW, Bayern & Mecklenburg-Vorpommern beantragen: Gibt es regionale Unterschiede?
Grundsätzlich spielt es keine große Rolle, in welchem Bundesland Ihr das Persönliche Budget beantragen möchtet – der Prozess läuft in allen sehr ähnlich ab. Es kann jedoch kleine regionale Unterschiede geben, doch keine Sorge: in jedem Bundesland gibt es Stellen, die Euch unterstützen.
Das können unter anderem die Servicestellen der verschiedenen Rehabilitationsträger selbst sein, oder aber unabhängige, Beratungsstellen wie Querleben, die Euch ebenso auf Wunsch durch den gesamten Prozess begleiten.
Schritt für Schritt: Wie stelle ich einen Antrag auf persönliches Budget bei Behinderung & Schwerbehinderung?
Wie bereits erwähnt, kann der Prozess je nach Bundesland, aber auch je nach Träger leicht variieren. Meist läuft das Antragsverfahren jedoch ähnlich ab und gliedert sich dabei in die folgenden Schritte:
1. Beratungsgespräch führen und Hilfebedarf klären
Bevor Ihr das Persönliche Budget beantragt, solltet Ihr den Hilfebedarf und die erforderlichen Leistungen genau klären. Für eine Beratung könnt Ihr Euch dafür an einen der oben genannten Leistungsträger wenden.
Leider sind jedoch nicht immer alle gleich gut über das Persönliche Budget und den Antragsprozess informiert. Insbesondere, wenn Ihr das Gefühl habt, dass Ihr nicht ausreichend beraten wurdet, empfehlen wir deshalb ein (zusätzliches) Beratungsgespräch mit einer unabhängigen Teilhabeberatung.
Wichtig: Das gilt auch, wenn Ihr bereits Sachleistungen erhaltet und jetzt umsteigen möchtet. Denn nicht selten ändern sich die Bedürfnisse von Betroffenen über gewisse Lebensphasen und Zeiträume hinweg. Es kann also gut sein, dass Ihr noch weitere Leistungen in Form des Persönlichen Budgets beantragen könnt, die Ihr aktuell noch nicht in Form einer Sach- oder Dienstleistung beansprucht.
2. Wichtige Unterlagen organisieren
Für den Antrag solltet Ihr bereits im Vorfeld alle relevanten Unterlagen – insofern vorhanden – bereithalten, um den Prozess zu beschleunigen. Dazu zählen etwa
- Aufzeichnungen über bereits erhaltene Leistungen sowie deren Umfang,
- Bewilligungs- oder Ablehnungsbescheide, falls Ihr schon Hilfeleistungen beantragt habt, sowie
- medizinische Unterlagen wie Befunde oder Gutachten, die Euren Hilfebedarf untermauern.
3. Antrag auf Persönliches Budget stellen
Hier habt Ihr zwei Möglichkeiten: Entweder, Ihr versendet eine formlose schriftliche Mitteilung an einen der Träger oder Ihr nutzt eines der speziell dafür vorgesehenen Formulare, wie etwa den Antrag auf Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets der Rentenversicherung.
Was gehört in den Antrag auf Persönliches Budget?
In den Formularen oder der schriftlichen Mitteilung solltet Ihr angeben, welche Leistungen Ihr im Rahmen des Persönlichen Budgets benötigt. Dazu solltet Ihr die Art, den Umfang und die Form der Ausführung der Leistung, die Ihr benötigt, so präzise wie möglich beschreiben.
Wie formuliere ich den formlosen Antrag auf Persönliches Budget?
Solltet Ihr Euch für ein formloses Schreiben entscheiden, haben wir nachfolgend die Hauptleistungsbereiche für Euch, in die Ihr die benötigten Leistungen zur besseren Übersicht gliedern könnt:
- Medizinische Rehabilitation
- Teilhabe am Arbeitsleben
- Soziale Teilhabe
- Teilhabe an Bildung
- Ergänzende LeistungenLeistungen zur
- Pflege
- Weitere Leistungen
Quelle: Formular der Rentenversicherung
Zudem solltet Ihr immer die konkrete Leistung benennen, die benötigt wird – nicht nur das Persönliche Budget selbst. Denn dieses ist lediglich eine alternative Leistungsform zu den herkömmlichen Sach- und Dienstleistungen.
Ihr könntet also schreiben:
- „Ich beantrage Assistenzleistungen in Form eines Persönlichen Budgets.“
oder
- „Ich beantrage Pflegeleistungen in Form eines Persönlichen Budgets.
Um den gesamten Prozess zu beschleunigen, könnt Ihr zudem bereits zu Beginn alle wichtigen Dokumente anhängen. Ebenso können Angaben zu den aktuellen sowie potenziell beteiligten Leistungsträgern und deren Kontaktinformationen helfen, damit diese sich schneller austauschen können.
4. Zuständigkeit ermitteln lassen
Sobald Ihr Antrag eingegangen ist, klärt der erste Leistungsträger, den Ihr kontaktiert habt, ob er zuständig ist. Falls nicht, leitet er den Antrag an den zuständigen Träger weiter.
Das kann manchmal jedoch recht komplex werden und deshalb einige Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere wenn es sich um ein trägerübergreifendes Persönliches Budget handelt. In diesem Fall arbeiten die verschiedenen Träger zusammen, während ein Hauptträger die Leistungen koordiniert und sie bei positivem Bescheid gebündelt auszahlt.
Im Sozialgesetzbuch (SGB IX), § 14, sind dabei klare Fristen festgelegt, die den Ablauf der Antragsbearbeitung regeln bzw. innerhalb derer Rehabilitationsträger auf Anträge zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen reagieren müssen:
- Innerhalb von zwei Wochen nach Eingang Ihres Antrags muss der erste Rehabilitationsträger klären, ob er zuständig ist. Ist das nicht der Fall, wird Ihr Antrag umgehend an den zuständigen Träger weitergeleitet.
- Sollte für die Einschätzung des Rehabilitationsbedarfs kein Gutachten nötig sein, trifft der zuständige Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung. Ist hingegen ein Gutachten erforderlich, beträgt die Frist für die Entscheidung maximal zwei Wochen nach dessen Vorliegen.
- Wenn die erbrachten Leistungen erheblich von dem abweichen, was vereinbart wurde oder was Ihr selbst für erforderlich haltet, habt Ihr zudem die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen Widerspruch einzulegen.
5. Bedarfsermittlung: Wie hoch ist das Persönliche Budget für behinderte Menschen?
Im nächsten Schritt prüfen die leistenden Kostenträger die eingereichten Unterlagen und ziehen gegebenenfalls einen Gutachter hinzu.
Auf Grundlage dieser Prüfung wird dann die Höhe des Persönlichen Budgets festgelegt. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales lag die Mehrheit der bewilligten Budgetsummen dabei bisher zwischen 200 Euro und 800 Euro im Monat. In besonderen Fällen kann sie jedoch auch bis zu mehreren tausend Euro pro Monat umfassen, wie beispielsweise, wenn ambulante Intensivpflege benötigt wird.
Persönliches Budget durch Pflegegeld ergänzen?
In unserem Ratgeber „Pflegegeld & Persönliches Budget in Kombination” erklären wir, wann und wie beide Leistungen miteinander kombiniert werden können und wann es zu Kürzungen kommen kann.
6. Zielvereinbarung abschließen
Anschließend schließt Ihr mit dem Leistungsträger eine sogenannte Zielvereinbarung ab. Diese regelt
- die bewilligten Leistungen,
- die Höhe des Budgets und eventueller Teilbudgets,
- individuelle Förder- und Leistungsziele,
- Nachweise über erhaltene Leistungen sowie
- Erwartungen bzw. Vorgaben zur Qualitätssicherung.
Die einzige Ausnahme: Insofern das Persönliche Budget ausschließlich durch die Pflegeversicherung erbracht wird, ist keine Zielvereinbarung notwendig.
7. Bescheid erhalten
Wenn Euer Antrag final geprüft wurde, erhaltet Ihr einen Bescheid. Dieser informiert Euch darüber, ob und in welcher Höhe der Antrag bewilligt wurde.
Das Budget selbst ist für Betroffene dabei in der Regel sechs bis zwölf Monate lang bindend. In dieser Zeit wird geprüft, ob das Budget ausreicht und Ihr gut damit zurechtkommt. Anschließend wird der Bedarf regelmäßig überprüft – in der Regel alle zwei Jahre.
Ebenso könnt Ihr zu jeder Zeit einen Änderungsantrag stellen. Etwa, wenn das bewilligte Geld nicht mehr ausreicht (Antrag auf Erhöhung) oder die Rückkehr zu Sachleistungen gewünscht ist.