Persönliches Budget und Pflegegeld kombinieren: Ein Wegweiser für Betroffene & Angehörige!
Um Betroffene und Angehörige zu entlasten, haben chronisch kranke oder behinderte Menschen Anspruch auf verschiedene finanzielle Hilfen – darunter oft auch Pflegegeld und das Persönliche Budget.
In diesem Ratgeber von Querleben zeigen wir, wann eine Kombination möglich ist, in welchen Fällen es zu Kürzungen kommen kann und worauf Ihr noch achten solltet, um die bestmögliche Unterstützung zu erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Anspruch auf das Persönliche Budget trotz Pflegegeld?
Bei den online spärlich verfügbaren Information kommt zu Recht die Frage auf: Können Pflegegeld und Persönliches Budget überhaupt gleichzeitig bezogen werden?
Die gute Nachricht: Ja, beide Leistungen können miteinander kombiniert werden, da es sich um zwei unterschiedliche Leistungen handelt.
Ihr könnt also beide Hilfen parallel in Anspruch nehmen, wenn Ihr diese klug plant. Wichtig ist jedoch, zu wissen, wie die Zuständigkeiten geregelt sind:
→ Das Pflegegeld ist für die häusliche Pflege gedacht, die Ihr oder Angehörige leisten.
→ Das Persönliche Budget wird anstelle einer Sachleistung ausgezahlt, wenn es um die aktive Unterstützung
(Teilhabeleistungen) geht – sei es Schulbegleitung, Freizeitassistenz oder Hilfe bei der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Aber auch Leistungen im Bereich der Behandlungspflege, beispielsweise bei der außerklinischen Intensivpflege, können über das Persönliche Budget finanziert werden.
Beide Leistungen ergänzen sich also in vielerlei Hinsicht und bieten so eine möglichst individuelle Betreuung für Betroffene. Vorab solltet Ihr Euch jedoch gut über die genauen Zuständigkeiten informieren, damit beide Hilfen auch wirklich optimal ineinander greifen.
Eine detaillierte Auflistung über die Sachleistungen, die in Form des Persönlichen Budgets beantragt werden können, findet Ihr in unserem Ratgeber „Persönliches Budget: Finanzielle Unterstützung & Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung“.
Wann kommt Pflegegeld und wann das Persönliche Budget in Frage?
Beide Leistungen bieten Unterstützung im Alltag, jedoch auf unterschiedliche Weise:
Pflegegeld – Unterstützung für die häusliche Pflege
Das Pflegegeld wird von der Pflegeversicherung ab Pflegegrad 2 gezahlt, wenn Ihr Euer Kind oder Angehörige zu Hause selbst pflegt oder es durch Angehörige oder Freunde betreut wird.
Der monatliche Betrag dient somit als eine finanzielle Anerkennung für die oft umfangreiche pflegerische Betreuung, die geleistet wird, und kann flexibel für die Grundpflege (nach SGB XI) in den eigenen vier Wänden eingesetzt werden, wozu etwa Körperpflege, Ernährung oder Mobilität zählen.
Die Pflege eines Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit umfasst dabei zwei Hauptbereiche:
- die Grundpflege gemäß SGB XI und
- die Behandlungspflege nach SGB V.
Die Grundpflege, die Tätigkeiten wie Körperpflege, Ernährung und Mobilität beinhaltet, wird bei minderjährigen Kindern in der Regel überwiegend von den Eltern übernommen.
Die Behandlungspflege hingegen umfasst medizinische Maßnahmen, die vom Arzt verordnet werden müssen. Diese kann von Familienangehörigen, Pflegediensten oder im Rahmen des Persönlichen Budgets von angestellten Pflegekräften erbracht werden.
Wenn Ihr also als Angehörige die Grundpflege selbst übernehmen wollt, habt ihr die Option, das Pflegegeld selbst zu behalten. Sollte dies nicht möglich oder gewünscht sein, können hingegen andere Leistungen wie etwa Hilfe zur Pflege als Persönliches Budget beantragt werden.
Wichtig: Bei minderjährigen Kindern, die noch bei ihren Eltern leben, besteht in der Regel kein Anspruch auf Hilfe zur Pflege, da man von einer Beistandspflicht der Eltern ausgeht.
Ihr erhaltet noch kein Pflegegeld? Alles Wichtige zu Voraussetzungen, Höhe, Trägern und dem Antragsprozess findet Ihr in unserem Ratgeber „Pflegegeld für behindertes Kind beantragen”.
Persönliches Budget – Für mehr Selbstbestimmung und Teilhabe
Das Persönliche Budget kann auf Antrag anstelle der Euch zustehenden Sachleistungen ausgezahlt werden und bietet Euch so die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie, wann und von wem Ihr unterstützt werdet.
Das Budget kann demnach vielfältig eingesetzt werden, zum Beispiel zur
- Behandlungspflege: Etwa im Rahmen der ambulanten (außerklinischen) Intensivpflege (AKI), um medizinische Pflegeleistungen, die ärztlich verordnet wurden, flexibel zu organisieren.
- Grundpflege: Für volljährige Personen kann das Persönliche Budget beim Sozialamt als Hilfe zur Pflege zur Unterstützung der täglichen Grundpflege. Statt einen Pflegedienst in Anspruch zu nehmen, könnt Ihr Euch also den Betrag auszahlen lassen, um selbst eine eigene Betreuungskraft im Rahmen des sogenannten Arbeitgebermodells anzustellen.
- Soziale Teilhabe: Alternativ kann das Persönliche Budget auch beantragt werden, um Assistenzleistungen zur Förderung der sozialen Teilhabe zu finanzieren.
Wichtig: Bestimmte Teilhabeleistungen, wie etwa die Freizeitassistenz, sind bis zu einem gewissen Grad Zuge der Beistandspflicht und können somit nicht beansprucht werden, wenn es um die Beantragung als Eltern für minderjährige Kinder geht.
Was hinter dem Arbeitgebermodell steckt, welche Vorteile es bietet und welche Alternativen es gibt, haben wir Euch in unserem Ratgeber „Persönliches Budget: Das Arbeitgebermodell erklärt” zusammengefasst.
Diese Unterscheidung ist vor allem wichtig, da je nach Zweck unterschiedliche Träger zuständig sind und die Antragstellung spezifischen Voraussetzungen unterliegt.
Monatlich wird Euch daraufhin der Betrag ausgezahlt, der zuvor von den zuständigen Trägern genehmigt wurde. Diesen könnt Ihr dann entweder eigenständig oder mit Hilfe einer Budgetassistenz verwalten.
Weitere Beispiele, wie das Persönliche Budget in unterschiedlichen Lebenssituationen eingesetzt werden kann, findet Ihr in unserem Artikel „Persönliches Budget: Beispiele aus der Praxis”.
Ihr möchtet das Persönliche Budget beantragen? In unserem Ratgeber „Persönliches Budget beantragen” zeigen wir Euch, wie der Prozess im Detail aussieht und geben Tipps für eine erfolgreiche Antragstellung.
Wird das Persönliche Budget auf das Pflegegeld angerechnet?
Ob das Persönliche Budget auf das Pflegegeld angerechnet wird, ist leider nicht immer ganz eindeutig. Tatsächlich streiten sich hier selbst Juristen. Wir empfehlen daher, Euch vorab unverbindlich beraten zu lassen. In der Regel wird das Persönliche Budget jedoch in folgenden Situationen angerechnet bzw. nicht angerechnet:
In diesen Fällen wird das Persönliche Budget auf das Pflegegeld angerechnet
- Wenn das Persönliche Budget als Alternative zu den Pflegesachleistungen nach SGB XI beansprucht wird, um vorrangig professionelle Dienstleister (z. B. einen Pflegedienst oder eine Betreuungskraft) zu bezahlen, die pflegerische Aufgaben übernehmen. Dazu zählen etwa die Grundpflege oder Assistenz, jedoch nicht die Behandlungspflege nach SGB V.
Unter diesen Umständen kann es sein, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die notwendige Unterstützung bereits über das Persönliche Budget abgedeckt wird, sodass das Pflegegeld (häufig um 2/3) gekürzt wird.
Wichtig: Dies gilt auch im Fall einer umfangreichen ambulanten Intensivpflege. Wird diese etwa über 20 oder 24 Stunden täglich benötigt, kann die Krankenkasse annehmen, dass hierbei auch grundpflegerische Leistungen bereits abgedeckt sind, was zu einer Kürzung des Pflegegeldes führen kann.
Quelle: https://city-assistenzdienst.de/persoenliches-budget/ & https://eu-schwerbehinderung.eu/index.php/33-aktuelles/7445-persoenliches-budget-oft-nicht-beansprucht-anspruch-bei-pflegebeduerftigkeit
In diesen Fällen wird das Persönliche Budget nicht auf das Pflegegeld angerechnet
- Wenn mit dem Persönlichen Budget eine Betreuungskraft bezahlt wird, die ausschließlich Teilhabeleistungen erbringt (z. B. Begleitung bei Freizeitaktivitäten), da dies keine pflegerische Aufgabe ist.
- Wenn entfernte Verwandte (ab dem 2. Verwandtschaftsgrad) oder Freunde über das Persönliche Budget bezahlt werden, da diese keine Beistandspflicht haben und somit entlohnt werden können.
Weitere Informationen zu finanziellen Hilfen und Sonderrechten für Familien mit behinderten und chronisch kranken Kindern findet Ihr auch in unserem Ratgeber „Kind mit Behinderung: Was steht mir zu?”.
Welche Rolle spielt die Beistandspflicht der Eltern bei der Anrechnung von Leistungen?
Die Beistandspflicht der Eltern bezieht sich auf ihre gesetzliche Verpflichtung, die Grundbedürfnisse ihres Kindes (finanziell) zu unterstützen, insbesondere wenn es minderjährig oder bedürftig ist.
Diese Pflicht bildet somit einerseits auch die Grundlage für Leistungen wie das Pflegegeld oder das Persönliche Budget, da Ihr als Eltern in der Regel als Vertreter bzw. Organisatoren dieser Unterstützung agiert. Ebenso regelt sie, welche Unterstützungsleistungen Eltern selbst leisten müssen und welche durch staatliche Hilfen finanziert werden können.
Wenn Ihr eine Leistung beantragt, wird daher unter anderem geprüft, ob diese Teil der Beistandspflicht ist oder ob sie über den normalen Rahmen elterlicher Verantwortung hinausgeht.
Ein Babysitter muss beispielsweise von den Eltern selbst bezahlt werden, da es sich im Allgemeinen um eine freiwillige und allgemeine Betreuungsleistung handelt.
Wenn jedoch eine spezialisierte Betreuung erforderlich wird, die über den Alltag hinausgeht – zum Beispiel die Unterstützung durch eine therapeutische Fachkraft oder eine ambulante Intensivpflege für ein Kind mit besonderen Bedürfnissen – überschreitet dies die üblichen elterlichen Aufgaben.
Aber auch Leistungen wie die Unterstützung durch eine externe Assistenzkraft während des Schulalltags (Schulassistenz) geht über das hinaus, was Eltern im Rahmen ihrer rechtlichen Beistandspflicht leisten müssen.
Wichtig: Wie immer muss auch hier die Leistung, für welche das Persönliche Budget beantragt wurde, unabhängig von den häuslichen Pflegeaufgaben erbracht werden, damit es nicht auf das Pflegegeld angerechnet wird.
Persönliches Budget und Pflegegeld in Kombination: Die nächsten Schritte
Jetzt, da Ihr wisst, worauf Ihr bei der Kombination von Persönlichem Budget und Pflegegeld achten müsst, könnt Ihr die nächsten Schritte gehen:
- Klärt zunächst, welche Unterstützung Ihr genau benötigt und wie beide Leistungen diese abdecken können.
- Sprecht frühzeitig mit der Pflegekasse und dem zuständigen Kostenträger, um zu erklären, warum beide Leistungen notwendig sind. So vermeidet Ihr Missverständnisse und nicht berechtigte Kürzungen von Anfang an.
- Beginnt spätestens ab Erhalt der Leistungskombination damit, alle Pflege- und Unterstützungsleistungen zu dokumentieren, die Ihr selbst erbringt und welche durch Assistenzkräfte übernommen werden. So bleibt alles transparent und nachvollziehbar, falls es zu Rückfragen, Kürzungen oder Anpassungen kommt.
Individuelle Unterstützung und Beratung
Wenn Ihr unsicher seid, welche Leistungen Euch zustehen oder wie sie angerechnet werden, könnt Ihr Euch natürlich auch zu jeder Zeit von einer Organisation wie Querleben beraten lassen.
Dabei geben wir Euch in einem persönlichen Gespräch vor Ort in unserem Familiencafé oder telefonisch Tipps, beantworten Euch alle offenen Fragen und unterstützen auf Wunsch ebenso aktiv mit unseren Leistungen.
Lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen – wir sind für Euch da!